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27.01.20 –
Alle demokratischen Kräfte in unserem Land müssen die Gefahr, die von der AfD und anderen Rechtsextremen ausgeht, ernst nehmen. Die AfD ist in wesentlichen Teilen eine faschistische Partei, die auf Menschenverachtung setzt. Die AfD, insbesondere der Flügel, übt zudem eine brandgefährliche Scharnierfunktion aus: Sie macht Hass und Ausgrenzung vom rechten Rand bis in die bürgerliche Mitte hinein anschlussfähig. Wir dürfen nicht zulassen, die AfD als Partei zu normalisieren.
Neben der rassistisch-nationalistischen Einstellung der AfD gehören insbesondere Antifeminismus und Verachtung von Vielfalt zu ihrer Grundhaltung. Es geht ihnen darum, Andersdenkende, Menschen mit vermeintlichem oder tatsächlichem Migrationshintergrund, Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens, Frauen* und LSBTIQ* einzuschüchtern, deren Stimmen aus dem gesellschaftlichen Diskurs herauszudrängen und ihr Engagement zu delegitimieren und zu bedrohen. Dem stellen wir uns als QueerGrün genauso entgegen, wie der Einschüchterung von Kommunalpolitiker*innen, Künstler*innen und Journalist*innen. Hass ist keine Meinung!
Durch ihre Sprache ermutigt die AfD nicht nur rechte Gewalttäter*innen und Gruppen, ihren Hass in Taten umzusetzen, in Beleidigungen und Bedrohungen im Internet und auf der Straße und in tätliche Gewalt. Deshalb ist es richtig, dass die Sicherheitsbehörden diese Bedrohungen endlich in den Blick nehmen. Dazu gehört auch, dass Straftaten im Netz nicht länger folgenlos bleiben.
Für „Wehret den Anfängen“ ist es zu spät
Nach den antisemitischen, rassistischen und rechtsextremistischen Terrortaten, wie zuletzt in Halle und Kassel, stehen sicherheitspolitische Aspekte im Vordergrund der Debatte. Menschen und Organisationen, die von antisemitscher, rassistischer und rechtsextremistischer Gewalt bedroht oder betroffen sind, verdienen Schutz und Sicherheit. Das alleine ist aber nicht ausreichend. Unsere Antwort auf Halle und Kassel ist: Es braucht mehr Solidarität, mehr Engagement, mehr Präventions- und Bildungsarbeit, mehr Empowerment… es braucht mehr Zivilgesellschaft! Nur so können wir die plurale Demokratie ausbauen und verteidigen.
Wir stehen zusammen mit allen Menschen, die sich im Alltag und in Vereinen, Initiativen und Gruppen für Solidarität, Demokratie und Menschlichkeit und gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rassismus, Antifeminismus, Angriffe auf Vielfalt und alle weiteren Formen von Menschenfeindlichkeit eintreten. Eine starke Zivilgesellschaft ist ein zentrales Fundament unserer Demokratie. Dieses Engagement geschieht oft unter schweren Rahmenbedingungen, mit begrenzter finanzieller Ausstattung und unter großem persönlichem Einsatz.
Strukturelle Stärkung und Verankerung von „Demokratie Leben“
Es ist die Aufgabe der Politik - egal ob auf Kommunal-, Landes- oder Bundesebene - diesen Einsatz zu würdigen, abzusichern und auf eine solide und verlässliche Grundlage zu stellen. Auf der Bundesebene hat das Förderprogramm „Demokratie Leben“ in den vergangenen Jahren einen essentiellen Beitrag dabei geleistet, diese zivilgesellschaftlichen Strukturen zu unterstützen. Umso unverständlicher ist der aktuelle Kurswechsel des Bundesfamilienministeriums unter Bundesministerin Giffey. Denn durch diesen droht eine Rückabwicklung der Strukturen, die in den letzten Jahren mühevoll aufgebaut und gestärkt wurden. Die, in Reaktion auf öffentlichen Druck vorgenommene, teilweise Rücknahme der Mittelkürzungen reicht bei weitem nicht aus, um den angerichteten Schaden zu beheben. Wir fordern die rasche Umsetzung folgender Punkte:
• die dauerhafte Aufstockung der Mittel auf mindestens 200 Millionen Euro pro Jahr
• die vorläufige Rückkehr zu den alten Förderrichtlinien, mit denen die zivilgesellschaftlichen Projekte im Mittelpunkt stehen
• die Rücknahme der schwerpunktmäßigen Verlagerung auf die Kommunen Diese Maßnahmen können aber nur ein erster Schritt sein.
Ein Demokratiefördergesetz für eine starke und plurale Zivilgesellschaft
Wir fordern ein Demokratiefördergesetz. Dieses soll nicht nur eine rechtliche Grundlage für die dauerhafte Förderung entsprechender Einrichtungen regeln, sondern auch den Rahmen für inhaltliche Schwerpunkte legen. Darin müssen sich programmatisch Projekte gegen Rechts, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit und alle weiteren Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit - im besten Fall in einer merkmalsübergreifenden, intersektionalen Perspektive - genauso wiederfinden wie die Förderung von Maßnahmen, die bislang unterschätzte Phänomene wie Reichsbürger, Klassismus und die Ausgrenzung und Abwertung erwerbsloser Menschen oder Hass im Netz in den Blick nehmen.
Ein weiterer Schwerpunkt muss auf Projekten liegen, die sich für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben einsetzen. Hierfür ist die Stärkung der Arbeit von (post-)migrantischen Selbstorganisationen und neuen deutschen Organisationen zwingend notwendig. Dazu gehört das communitybasierte Empowerment derjenigen Gruppen, die von Rassismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, von Antisemitismus, LSBTIQ*-Feindlichkeit, Antifeminismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen sind.
Demokratiefördernde Bildungsmaßnahmen in den Bundesländern
Wir fordern die Bundesländer auf, kurzfristig konkrete Programme und Maßnahme in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen zur Stärkung des Demokratieverständnisses durchzuführen. Diese Stärkung der demokratischen Vielfalt ist langfristig strukturell durch die Bundesländer zu gewährleisten, u.a. durch entsprechende Bildungsstandards und Finanzmittel.
Absicherung des Gemeinützigkeitsrechts für eine starke Zivilgesellschaft
Eine lebendige Zivilgesellschaft ist darauf angewiesen, finanziell eigenständig und professionell arbeiten zu können, der Status der Gemeinnützigkeit ist dafür oft zwingend. Umso besorgter sind wir über eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Dieser hat in seinem Urteil vom Frühjahr 2019 zur Gemeinnützigkeit des globalisierungskritischen Netzwerks „Attac“, das Gemeinnützigkeitsrecht restriktiv ausgelegt. Seitdem haben weitere Entscheidungen zum Entzug der Gemeinnützigkeit sowie auch von konservativen politischen Kräften geführte politische Kampagnen gegen die „Deutsche Umwelthilfe“ und die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ die Lage verschärft.
Um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die politisch aktive Zivilgesellschaft zu stärken, treten wir für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ein. Es darf nicht nur um Schönheitsreparaturen an der Abgabenordnung gehen. Vielmehr muss bei einer Reform deutlich gemacht werden, dass sich gemeinnützige Organisationen auch gesellschaftspolitisch engagieren und einbringen dürfen, auch außerhalb der derzeit oft sehr engen gemeinnützigen Zwecke. Dabei dürfen sie weder zu Parteien werden, zum Beispiel nicht für Wahlen antreten, noch für Parteien einseitig aufrufen, also sich parteipolitisch verhalten, oder Spenden für sie sammeln und sie finanzieren. Ebenso müssen sie sich selbstverständlich eindeutig im Rahmen unseres Grundgesetzes bewegen und insbesondere die Grund- und Menschenrechte achten.
Klar muss aber sein: auch in Zukunft müssen sich gemeinnützige Organisationen politisch einbringen können, egal ob gegen Nazis, für gleiche Rechte für LSBTIQ* oder mit klugen Konzepten in der öffentlichen Auseinandersetzung oder mit einer engagierten Bildungs- und Informationsarbeit. Antifaschismus, Klimaschutz oder Kampf gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit können nur gemeinnützig sein!
Beschlossen am 26.01.2020 in Osnabrück
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