QueerGRün

Die queeren Bundesarbeitsgemeinschaften von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antrag der BAG Schwulenpolitik für die BDK von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2025

Nie wieder still – Wider den queerfeindlichen Rollback

10.10.25 –

Erst einige Monate ist Schwarz-Rot im Amt, aber es wirkt so, als würde der Geist, der diese Koalition prägt, schon lange wie Blei über uns liegen. Die Zeit der Ampel hat keine Verklärung verdient - gesellschafts- und insbesondere queerpolitisch war ihre Zeit aber eine Phase des Aufbruchs. Nach Jahren der Kämpfe konnten wir endlich das Selbstbestimmungsgesetz einführen, Queerbeauftragte*r und Aktionsplan waren weitere Erfolge, andere Fortschritte wurden durch den Koalitionsbruch der FDP oder - wie im Fall von Artikel 3 GG - durch die Fundamentalopposition der Union verhindert. In jedem Fall aber hatten wir eine Regierung, die gegen Queerfeindlichkeit angetreten ist. 

Trotz aller Anfeindungen von ganz rechts wirkte es so, als gäbe es einen demokratischen Konsens darüber, dass es kein Zurück in eine Zeit der Unterdrückung und Ausgrenzung geben darf. Die Regenbogenfahne wurde auch ein Symbol einer humanistisch geprägten Demokratie. Sie gehörte damit auch auf öffentliche Gebäude. 

Heute erleben wir wieder einen Aufbruch. In die falsche Richtung. Rechtsextremisten erhalten derzeit so viel Zuspruch wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Ihre Menschenfeindlichkeit vergiftet die Debatte und die öffentliche Stimmung. Bei vielen Konservativen führt das zum Reflex, in die selbe Kerbe zu schlagen. Dabei führt Imitation immer zur Stärkung des Originals. In allen Gesellschaften, die einen rechten Rollback erlebt haben, waren queere Menschen und ihre Rechte Projektionsflächen für einen reaktionären Kulturkampf. Dazu gehört auch, dass sie als Vertreter*innen von Partikularinteressen dargestellt werden. Deswegen ist das Vorgehen der Bundestagspräsidentin Klöckner so fatal. Wenn sie unter dem Deckmantel der Neutralität so gegen Regenbogenfahnen vorgeht, hat das mit echter Neutralität nichts zu tun. Die Abschaffung einer gelebten Praxis ist ein Signal. In diesem Fall genau das falsche Signal zur falschen Zeit. Selbstverständlich muss der Staat parteipolitisch neutral sein, er kann aber nicht wertfrei agieren. Er kann Menschen, die für ihre Rechte kämpfen, nicht in der selben Haltung gegenüber stehen wie denen, die Menschen ihre Rechte nehmen wollen. Unser Grundgesetz lässt da keine Gleichgültigkeit zu. Insbesondere in einer Zeit, in der queerfeindliche Attacken zunehmen. 

Unsere Rolle als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist in dieser Situation klar. Wir stellen uns gegen den gesellschaftlichen Rollback und bleiben eine politische Kraft, die denen eine Stimme gibt, die an den Rand gedrängt werden sollen. Wir stehen solidarisch an der Seite all derer, die Opfer queerfeindlicher Gewalt geworden sind. Das Recht, zu demonstrieren und als Menschen sichtbar zu sein, werden wir verteidigen. Das heißt auch, dass wir auf allen Ebenen, wo wir Verantwortung tragen, für die Sicherheit und freie Durchführung von CSDs einstehen. Wo es noch rechtliche Diskriminierung gibt, setzen wir uns für deren Beseitigung ein. Nach über 76 Jahren wollen wir unser Grundgesetz endlich komplettieren und sexuelle und geschlechtliche Identität in den Artikel 3 aufnehmen. Auch die Rechte queerer Menschen sind universell. Sie gelten ebenso für Bürger*innen unseres Landes, wie für Geflüchtete mit besonderem Schutzbedürfnis.

Manche Menschen behaupten, dass queerpolitisch alles erreicht wurde und höchstens noch Nachjustierungen nötig sind. Abgesehen davon, dass das falsch ist, könnten bei veränderten politischen Mehrheiten Rechte von Menschen sehr schnell abgewickelt werden. Ein Blick nach Ungarn oder Italien beweist das auf traurige Weise. Dennoch gibt es Stimmen, die sagen, dass man es nun „mal gut sein lassen“ sollte. Auch bei uns. Wir Grüne sind nicht per se für alle Themen und Belange gleichermaßen offen und sensibilisiert. Als erste Partei mit einem Vielfaltstatut haben wir die Verantwortung, an uns zu arbeiten. Dem werden wir uns stellen. Still werden wir nie wieder sein.

Wir fordern von der Bundesregierung folgende Maßnahmen:

1. Der Schutz queeren Lebens muss in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert werden. Queere Menschen sind die einzige systematisch im Nationalsozialismus verfolgte Gruppe, deren expliziter Schutz vor Diskriminierung an dieser Stelle fehlt. Nicht nur ist hier eine Lücke zu schließen - die Einbeziehung sexueller wie geschlechtlicher Identität ist notwendig, um den Rückbau erreichter Rechte und wichtiger Schritte zur Gleichstellung queerer Menschen durch künftige Bundesregierungen wirksam zu verhindern.

2. Die*der Queerbeauftragte der Bundesregierung war eine grüne Errungenschaft. Wir begrüßen grundsätzlich, dass die schwarz-rote Bundesregierung daran anknüpft. Das Amt darf aber nicht rein symbolischer Natur sein. Deshalb muss es gestärkt und klar in der Regierungsstruktur verankert werden.

3. Der Aktionsplan "Queer leben" muss fortgeführt und zu einem wirksamen Instrument des Schutzes queerer Menschen ausgebaut werden. Auch die ideologisch bedingten Versuche, das Bundesprogramm "Demokratie leben!" zu beschneiden, lehnen wir ab. Die Förderung queerer Projekte durch das Programm muss erhalten und ausgebaut werden.

4. Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) muss geschützt und verbessert werden! Transfeindliche Hetze ist ein zentraler Bestandteil rechter Kulturkämpfe. Ihre Narrative haben bereits mit einer perfiden Misstrauensrhetorik das Selbstbestimmungsgesetz durchzogen, das nichtsdestotrotz eine der größten queerpolitischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte darstellt und vielen Menschen erstmals ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Äußerungen aus der Union lassen befürchten, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte "Evaluation" dazu dienen könnte, das SBGG aufzuweichen und seiner Wirksamkeit zu berauben. Bündnis 90/Die Grünen stehen kompromisslos für das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen ein und lehnen solche Versuche klar ab.

5. Regenbogenfamilien müssen endlich gleichgestellt werden! Queere Eltern erfahren an vielen Stellen noch immer Diskriminierung gegenüber anderen Familienkonstellationen. So sind etwa Mütter in gleichgeschlechtlichen Beziehungen nach wie vor gezwungen, ihr eigenes Kind zu adoptieren. Die längst überfällige Reform des Abstammungsrechts fiel dem Koalitionsbruch durch die FDP zum Opfer. Die Bundesregierung muss den Gesetzentwurf wieder aufnehmen und diese Reform zu Ende bringen.

Kategorie

BAG Schwulenpolitik | Beschlüsse

Nach oben


Aktuell

Website der BAG LesPo

Aktuelle Termine

Transgender Day of Remembrance

Weitere Informationen

Mehr

BDK

Mehr

IDAHOBIT

Mehr

GRUENE.DE News

Neues