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08.04.24 –
Am 15. März hat die Bundesregierung den vierten Bericht zur Lage in den vom Bundestag als sicher eingestuften Herkunftsstaaten vorgelegt. Dieser dient der regelmäßigen Überprüfung, ob die so deklarierten Länder die verfassungsrechtlich vorgesehehen Voraussetzung dieser Einstufung erfüllen. Diese erschwert die Anerkennung von Asylbewerbern aus diesen Staaten betrechtlich. Nach § 29a AsylG sind solche Anträge grundsätzlich als "offensichtlich unbegründet" abzulehnen. Die Hürden der Asyl beantragenden Person zu beweisen, dass ihr eine Verfolgung droht, sind deutlich höher als in anderen Fällen. Zudem sind sowohl Ausreise- als auch Klagefrist auf eine Woche reduziert und haben Klagen keine aufschiebende Wirkung. Geflüchtete aus solchen Ländern sind in diesen wie in anderen Punkten (bspw. Aufenthaltsregelungen, Arbeitsverbot) erheblich schlechter gestellt und ihre Rechte signifikant beschnitten gegenüber anderen Asylbewerber*innen.
Die derzeit gültige Liste "sicherer Herkunftsstaaten" und die Einschätzung des nun vorgelegten Berichts stellen aus unserer Sicht eine erhebliche Diskriminierung und Gefährdung queerer Geflüchteter dar, die auch verfassungsrechtlich bedenklich ist. Bereits im Jahr 1996 hat das Bundesverfassungsgericht zum Art. 16a GG, der die Grundlage für die Definition "sicherer Herkunftsstaaten" bildet, Folgendes geurteilt: "Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muß Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen.", Dies bedeutet, dass auch die systematischer Verfolgung einzelner Gruppen die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ausschlißen sollte.
Im Falle einiger als "sicher" eingestufter Länder ist das eindeutig nicht der Fall oder zumindest äußerst fraglich. So bescheinigt der vorliegende Bericht unter anderem Ghana und Senegal, die Voraussetzungen für die Einstufung zu erfüllen – obwohl beide Länder queere Personen systematisch verfolgen:
Auch in anderen als "sicher" eingestuften Ländern verschlechtert sich die Lage für queere Menschen drastisch. Ein Beispiel ist Georgien, das erst im Herbst 2023 unter Zustimmung der bündnisgrünen Bundestagsfraktion als "sicherer Herkunftsstaat" eingestuft wurde. Hier hat vor wenigen Tagen erst die Regierungspartei einen Gesetzentwurf vorgelegt, demzufolge nach russischem Vorbild jegliche nicht negative Darstellung queeren Lebens in Schulen und Medien verboten werden soll. Der Entwurf sieht auch ein Verbot geschlechtsangleichender Operationen und der Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare vor und würde damit die Strafverfolgung queerer Menschen ermöglichen.
Solche Länder, die queeres Leben systematisch verfolgen und queere Menschen aufgrund ihrer Existenz kriminialisieren, als sicher einzustufen und queeren Geflüchteten aus solchen Staaten das Asylrecht weitgehend zu verweigern, widerspricht nicht nur dem Selbstverständnis unserer Partei, zu deren Grundwerten das Einstehen für Menschenrechte und gegen Diskriminierung gehört – es steht auch der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Daher halten wir es für unerlässlich, alle Mittel zu nutzen, diese Einstufung zumindest temporär auszusetzen.
Wir fordern daher den Bundesvorstand und die grüne Bundestagsfraktion auf, zu prüfen, wie diese diskriminierende Behandlung queerer Geflüchtete, die ihre Freiheit, ihre Würde und zum Teil auch gesundheit und Leben massiv gefährdet, so schnell wie möglich beendet werden kann.
So sollen sie auf die Bundesregierung einwirken, dass diese
Darüber hinaus unterstützen wir Bundesvorstand und Bundestagsfraktion dabei, die etwa vom Koalitionspartner FDP vehement geforderte Aufnahme der Maghreb-Staaten auf die Liste weiterhin strikt abzulehnen. Auch in diesen Ländern wird queeres Leben kriminalisiert und sind queere Menschen von staatlicher Verfolgung bedroht.
Schließlich regen wir an, die Debatte über die Idee "sicherer Herkunftsstaaten" in und außerhalb der Partei mit Nachdruck wiederaufleben zu lassen. Unsere Partei steht bis heute diesem Konzept äußerst skeptisch bis ablehnend gegenüber. Insbesondere die Auswirkungen dieser regelung auf besondern vulnerable und marginalisierte Gruppen wie etwa queere Menschen findet in der öffentlichen Diskussion bislang viel zu wenig Widerhall. Hier müssen wir als Menschenrechtspartei klar und konsequent auf der Seite diskriminierter und verfolgter Menschen stehen - nicht nur in Parteibeschlüssen, sondern auch im täglichen politischen Handeln.
Beschluss der BAG Schwulenpolitik vom 07.04.2024 in Halle/Saale
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